Der Pflichtteil in Österreich: Wer hat Anspruch und wie wird er berechnet?

Das Pflichtteilsrecht ist ein zentraler Bestandteil des österreichischen Erbrechts. Es sorgt dafür, dass nahestehende Angehörige auch dann einen Anteil am Nachlass erhalten, wenn sie im Testament übergangen oder enterbt wurden. Doch wer hat eigentlich Anspruch auf den Pflichtteil, und wie wird er berechnet? In diesem Blogartikel erklären wir die wichtigsten Aspekte des Pflichtteilsrechts in Österreich.

Wer hat Anspruch auf den Pflichtteil?

Das Pflichtteilsrecht schützt die engsten Angehörigen des/der Verstorbenen. Anspruchsberechtigt sind:

  1. Ehegatten oder eingetragene Partner
    Sie haben immer Anspruch auf den Pflichtteil, unabhängig von anderen Regelungen im Testament.
  2. Nachkommen (Kinder, Enkelkinder)
    Dazu zählen leibliche und adoptierte Kinder sowie – falls ein Kind bereits verstorben ist – dessen Nachkommen.
  3. Eltern des Verstorbenen
    Diese haben nur dann einen Pflichtteilsanspruch, wenn der Verstorbene keine Nachkommen hinterlässt.

Wichtig: Geschwister, Lebensgefährten und andere Verwandte sind im österreichischen Pflichtteilsrecht nicht berücksichtigt.

Wie hoch ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Um die Höhe zu berechnen, sind folgende Schritte notwendig:

  1. Ermittlung des Nachlasswerts:
    Der gesamte Wert des Nachlasses wird berechnet, einschließlich Immobilien, Bankguthaben, Wertpapieren und anderen Vermögensgegenständen. Schulden und Verbindlichkeiten werden abgezogen.
  2. Bestimmung des gesetzlichen Erbteils:
    Der gesetzliche Erbteil richtet sich nach der Erbfolge, wenn kein Testament vorliegt. Zum Beispiel:
    • Ein Ehegatte ohne Kinder erbt die Hälfte des Nachlasses.
    • Kinder teilen sich die andere Hälfte zu gleichen Teilen.
  3. Berechnung des Pflichtteils:
    Der Pflichtteil entspricht 50 % des gesetzlichen Erbteils. Beispiel:
    • Hinterlässt der Verstorbene einen Ehegatten und zwei Kinder, beträgt der gesetzliche Erbteil des Ehegatten ein Drittel. Der Pflichtteil des Ehegatten ist somit ein Sechstel des Nachlasses.

Wann kann der Pflichtteil entzogen werden?

In seltenen Fällen kann ein Pflichtteilsberechtigter enterbt werden. Gesetzlich zulässige Gründe sind etwa:

  • Schwere Straftaten gegen den Verstorbenen oder dessen Angehörige.
  • Grobe Verletzungen familiärer Pflichten, z. B. Misshandlungen oder Verweigerung des Unterhalts.
  • Ehrloses oder sittenwidriges Verhalten.

Eine Enterbung muss klar im Testament begründet und dokumentiert sein.

Wie wird der Pflichtteil geltend gemacht?

Pflichtteilsberechtigte müssen ihren Anspruch aktiv einfordern. Dabei gelten folgende Schritte:

  1. Anspruchserhebung:
    Der Anspruch wird schriftlich gegenüber den Erben geltend gemacht.
  2. Fristen:
    Der Pflichtteilsanspruch muss innerhalb von drei Jahren ab Kenntnis des Todesfalls eingefordert werden.
  3. Zahlung:
    Die Erben sind verpflichtet, den Pflichtteil in Geld auszuzahlen. Sollte der Nachlass nicht liquide sein (z. B. Immobilienbesitz), kann eine Ratenzahlung vereinbart werden.

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